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„Die gefährlichsten Tatsachen werden gleichgültig, langweilig. Sie bedrücken nicht stärker als ein lästiger Bettler […]“
(Horst-Eberhard Richter)

DGPT Klima AG

Wir sind eine Gruppe von Psychoanalytiker:innen und Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapeut:innen, die sich für ein psychodynamisch und psychoanalytisch-sozialpsychologisches Verständnis der Klimakrise einsetzen. Es geht uns darum, Denkräume für dieses schwierige Thema zur Verfügung zu stellen, den speziellen Beitrag der psychoanalytischen Denkrichtung zum Verständnis für die Klimakrise und den menschlichen Reaktionen darauf herauszuarbeiten, zu informieren und das Thema „Klimakrise und Gesundheit“ in die Curricula unserer Aus- und Weiterbildungsinstitute zu bringen. Wir betrachten unsere Gruppe als diskursfördernd für das global und gesellschaftlich herausfordernde oder sogar überfordernde Thema der Klimakrise und ihren Folgen. Unsere Erwartung ist es, dass die gemeinsame Reflexion zu weitergehenden Transformationen und angemessenem Handeln führen wird.

Viele Mitglieder unserer AG engagieren sich in regionalen und überregionalen Klima-Initiativen, z. B. bei Psycholo- gists/Psychotherapists for Future, Health for Future, gegen Autobahnausbau, gegen Kohleverstromung, für nach- haltiges Investment bei Psychotherapeutischen Versorgungswerken, bei IPPNW oder auch in der IPA im Climate Change Committee. Wir tauschen uns in unserer Gruppe regelmäßig darüber aus.

Die Gruppe trifft sich per Zoom jeden zweiten Donnerstag im Monat, 20:00 – 21:30 Uhr. Bei Interesse an Teilnahme bitte an Delaram Habibi-Kohlen d.habibi-kohle(at)netcologne.de wenden.

Resolution zur Klimakrise

Klimakrise - die DGPT übernimmt Verantwortung

Die DGPT erkennt die Erderwärmung als ein gravierendes, für die Zukunft menschlicher Zivilisation existentielles, gleichwohl menschengemachtes Problem an. Auch wenn die folgenschwersten Auswirkungen bei uns im Unterschied zu den Völkern anderer Klimazonen noch vor uns liegen, erleben wir bereits jetzt in Europa zunehmend Überflutungen, Stürme, Dürre, Waldbrände und Hitze. Allein die Sommerhitze verursacht einen überproportionalen Anstieg der Sterblichkeit. Wenn es in den nächsten Jahren nicht gelingt, die Erderwärmung zu begrenzen, wird dies weltweit zu irreversiblen, schweren Klimafolgen führen.

Mit dem Erleben eines unkontrolliert voranschreitenden destruktiven Prozesses, der Gefährdung der Lebensgrundlagen, gesellschaftlichen bis hin zu gewaltsamen Konflikten, erzwungener Migration sowie einer Überforderung der sozialen wie auch der Gesundheitssysteme, werden auch immer mehr Menschen unter psychischen Folgen leiden. Schon unter den bisher Betroffenen wurde ein enormer Anstieg psychischer Leiden gesehen bis hin zu langanhaltenden Angststörungen, Depressionen, Substanzmissbrauch und PTSB.

Auf die Behandlung der Folgeschäden kann sich aber unsere Profession nicht beschränken. Auch beim Verständnis der Ursachen ist unser ExpertInnenwissen gefragt. Denn der Klimawandel ist menschengemacht, doch eine adäquate Antwort wird erschwert durch die Angst, die die Klimakrise und die Klimafolgestörungen machen, und die meist innerseelisch abgewehrt wird. Wir betrachten es auch aus berufsethischer Sicht als unsere Aufgabe, über die unbewussten Mechanismen, die im Umgang mit der Klimakrise individuell und gesellschaftlich wirksam sind, aufzuklären und den Weg für angemessenere Umgangsmöglichkeiten zu ebnen.

Indifferenz, Verleugnung und Besitzstandswahrung gegenüber der offensichtlichen Gefahr sind nicht alleine den einzelnen VerbraucherInnen oder EntscheidungsträgerInnen anzulasten. Erst mit einer Veränderung der politischen Rahmenbedingungen und der Berücksichtigung der begrenzten Ressourcen des Planeten können die schädlichen Emissionen effektiv reduziert werden. Auch diese Rahmenbedingungen sind menschengemacht, also psychologisch mitbedingt, und es bedarf einer gesamtgesellschaftlichen Transformation.

Wie bei der aktuellen Pandemie geht es auch bei der Klimakrise um eine globale Gefahr und den Mut zu angemessenen gesamtgesellschaftlichen Gegenmaßnahmen, auch wenn diese persönliche Einschnitte erforderlich machen. All dies kann als Angriff auf die Lebensqualität sowie auf lebenslange Grundorientierungen erlebt werden, und starke Gefühle erzeugen.

Mit Angst und Besorgnis reagieren zurecht schon heute insbesondere junge Menschen auf die drohenden Veränderungen durch den Klimawandel. In die Trauer über die rücksichtslosen Zerstörungen der Natur durch kurzsichtige Profitgier und den bedenkenlosen Ressourcenverbrauch unseres Lebensstils und die Hoffnungslosigkeit mischt sich ohnmächtige Wut über die seit Jahrzehnten verzögerten Maßnahmen, die damals noch viel weniger einschneidend hätten sein müssen und die absehbar zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen führen werden. Diese Gefühle dürfen nicht pathologisiert werden: Sie sind wichtige Signale zur Orientierung in Krisen. Hier kann die Psychologie helfen in der Unterscheidung von pathologischer Angstabwehr im Sinne von Verleugnung und Spaltung hin zu situationsadäquater Verarbeitung der realen Gefahren.

Individuelle Bewältigungsstrategien und gesellschaftliche Verhältnisse stehen in einer dynamischen Wechselwirkung. Die DGPT als Dachverband der psychoanalytisch wissenschaftlichen Fachgesellschaften versteht ihre Aufgabe deshalb auch in der Unterstützung des Allgemeinwohls. Dies kann gestärkt werden durch die Erarbeitung positiver Narrative, die den Klimaschutz verbinden mit Verbesserungen der Lebensqualität. Das ermöglicht Verbesserungen von körperlicher und seelischer Gesundheit. Es gilt also zu verstehen, welche psychischen Mechanismen die Umsetzung der offensichtlich notwendigen Maßnahmen sowohl auf politischer als auch individueller Ebene verhindern. Dabei sind PsychotherapeutInnen mit ihrer Kompetenz und Mitverantwortung in der Krise besonders gefordert.

 

Die Mitgliederversammlung unterstützt, dass sich die DGPT beim Umgang mit der Klimakrise an folgenden Eckpunkten orientiert:

Das Verständnis fördern für die Wirkweise der psychischen Dynamiken in der Klimakrise, z.B. durch Austausch, Information und Fortbildung zu den psychischen Dynamiken der Klimakrise.

Die eigene Arbeit klimafreundlicher gestalten, z.B. durch die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie für die DGPT (Geschäftsstelle, Reisekosten, Veranstaltungen). Das kann konkret Ressourcen einsparen und hat eine symbolische Vorbildfunktion.

Wir haben jetzt die Möglichkeit, mit unserem Fachwissen und unserem Veränderungspotential zu einem fürsorglichen Umgang mit der Welt beizutragen.

 

Die Geschäftsstelle der DGPT wird seit Anfang 2023 ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien (ohne Atomstrom) beliefert.